Mittwoch, November 26, 2008

Unverstand



Jede Äußerung kann gefährlich sein, Gegenrede hervorrufen oder, schlimmer noch, Zustimmung und dann ist nicht klar, wie die Folgehandlungen bewertet werden. Also zurück zum Anfang, zur Frage, wie etwas aufgenommen wird, was es bewirkt im Gegenüber und dann, in der Wechselwirkung, im Inneren. Ich enthalte mich lieber jeder Rede, dachte er bei sich, wenn ich spreche, lausche ich nur den anderen, wie sie mir sagen, was ich wäre, hörten sie von mir, was sie erwarten. Redegefahr, denken kann gar nichts, ich höre lieber nicht auf die Stimmen, die zu mir sprächen, wenn ich meine Ideen entwickelte. Gesprächsalarm, ich könnte verlieren in der Annäherung. Lieber direkt sein und nicht die Rückmeldungen abwarten im voraus ist auf keinen Gewinn zu hoffen. Sammeln und Vorsicht walten lassen im Dickicht aus Worten, die Bilder übermalen mit Deckweiß, nichts sollte mehr durchscheinen. Was denkt die Welt, ist das peinlich, ist die Wahrheit verletzlich? Wenn man nur wüßte, dachte er, wie durchzudringen auf die andere Seite, wo nicht das Verstehen zum Denken führt und das Ich immer nur Innen steht. Besser schweigen, den Geräuschen entfliehen und ist das lustig?

Sonntag, November 23, 2008

Hier draußen



Eine Bombenkraterfresse voll
geschmolzenen Bleis im Hagel
aus Sternen erfrorener Pfützen,
spiegelt Eiter, Rotz und Kotze
wider, in den aufgewühlten Gräben
steht Gespenst zur Ansicht auf dem Hügel.
Trompetenklänge blasen in die Nacht
wird Andacht geworfen aus dem Takt
geraten Variablen von zerstörten Größen
ins Harmoniegefüge ächzt Gebälk,
hört den Feind beim Wiederholen
der Versprechen sich Verbrecher.

Freitag, November 21, 2008

Lichtlein



Lichtlein

An der Eingangstür hängt ein Adventskranz aus Plastik mit einem umlaufend geschalteten Kreis von bunten Birnchen. Ich zähle mindestens sieben Farben, bevor mir geöffnet wird. Die Türglocke spielt "Jingle Bells", polyphon. Ich stehe vor einer Mischung aus Grinch und Rudolf, dem rotnasigen Rentier. Die Gestalt hält eine Flasche Glühwein in der rechten Hand und ein elektrisches Räuchermännchen in der anderen. Es riecht nach Sandelholz und alter Pisse. "Was iss'n"? lallt die Erscheinung. "Ich komme von der Firma Kalori und möchte die Heizung ablesen", ist meine Antwort. Wortlos macht der Rotgewandete den Weg in die Wohnung frei.
Im Flur stehen zwei Rentiergespanne, umfassend illuminiert. Überall Lametta und blinkende Weihnachtsbäume, aus verschiedenen Zimmern hämmern unterschiedliche Weihnachtslieder. Am lautesten ist Last Christmas. Es riecht nach gebrannten, nein eher nach verbrannten Mandeln und Wunderbäumchen mit Tannenduft, leicht unterlegt von Zimt, Koriander und Billigwein. Die Heizung im Flur ist zu heiß, um sie zu berühren. Ich tausche das Röhrchen und betrete den Stall von Bethlehem. Drei Lebensgrosse Krippen nehmen den größten Teil der Bodenfläche ein, darüber kreisen silberne Engel mit Hörnern und Trompeten. Die Fenster sind komplett behängt und zugestellt mit blinkenden Installationen. Während ich drei Tannenbäume vom Heizkörper entferne, drückt der Hausherr mir eine Tasse mit dem Aufdruck "Weihnachtsmarkt Herne, 1976" in die Hand. "Willsu auch ein'"? Der Boden ist bedeckt mit zerbröselten Lebkuchenherzen und Marzipan. Ich nehme das Gefäß und lasse es unter dem Rock der Maria verschwinden, die mir am nächsten steht.
Im Schlafzimmer liegt ein Paar im Bett und frohlockt, bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet von circa zweihundert Lichterketten. Eine größere Anzahl Räucherkegel macht das Atmen anstrengend, ich schlage mich durch eine Rotte lobpreisender Engel zur Rippe durch, lese ab und wanke in die Küche. Am Tisch sitzen mehrere Hirten vor Bechern voll einer undefinierbaren Flüssigkeit und drei Königsfiguren werfen mit Gold, Myrrhe und Weihrauch um sich. Der Heizkörper befindet sich hinter einer Esels- und Rinderherde.
Das Bad ist besetzt von einer Horde elektrifizierter Heilande, die in unregelmäßigen Abständen "Hosianna" ruft. Ich lasse mir von dem auf dem Klo stöhnenden Hausherrn den Ablesezettel unterschreiben und begebe mich zur nächsten Wohnung auf der Liste.

Eroberung des Schokolandes



Cortes sprach einst zu Montezuma,
Herrscher im Aztekenreich:
schneller bist du als ein Puma,
wie die Füchse bist du schlau.
Wodurch werd ich, sag doch du ma',
dir und deinen Göttern gleich?

Mein Geheimnis heißt Kakao,
viel davon, Vanilleschoten,
reichlich Chili, bißchen Zimt.
Heißes Wasser ist geboten,
soviel, bis die Mischung stimmt.
Alles kräftig schaumig schlagen,
stärkt den Geist und wärmt den Magen.

Kaum war Cortes dies Geheimnis bekannt,
nahm er das ganze Land zur Beute,
Gold und Gut, was er so fand.
Europa schämt sich dessen bis heute.

Dominator



Wenn dich die kleine Eiszeit kalt erwischt,
zieh deinem Wesen Wintersachen über.
Die trüben Tümpel sind längst leergefischt
und das Depot liegt brach. Es wächst kein Stüber

nach. Die Heizung frostet deinen Arsch und
auf dem Dach akkumuliert der Schnee sich
was das Zeug hält. Dir wehen aus dem Mund
Befehle. Die Zeiten scheinen eher lächerlich

zu sein. Behauptest du: bald wird es wärmer,
so glauben das die meisten Idioten.
Sie spenden reichlich, werden ärmer.

Droh du mit hunderttausenden von Toten,
man wird dir folgen, Schwarm der Schwärmer.
Du regelst das. Im Notfall mit Verboten.

Vorgefreut



Ich wollte als die Räuchermännchen riechen
von Tannen, buntere Lichtlein nie schauen,
voll Glut die Weine mir im Abenddunkel brauen,
dann erstmal Marzipan, umhüllt vom Griechen.

Wenn Sandelholz die Dufthoheit erlangte,
zu Abend gäbs kartoffligen Salat,
ein Rudolf ständ im Flure schon parat,
dann wär die Zeit, vor der mir immer bangte.

Ach, wär ich froh, wenn dieses Fest vorbei.
Ein roter Sack mit einer alten Rübe,
erbricht sich vollgesoffen über meinem Klo.

Gar laut und schrecklich tönte sein Bohei,
ich liefe voll der hormonellen Schübe,
verbrächte wohl lieber das nächste Fest im Zoo.

Antreten



Eisern entschlossen, die Wut aus der Seele zu saufen,
zeugten wir einen Alptraum aus Schlamm.
Bespritzt mit einem Zuckerguss von Zorn und Angst davor,
wie es fast geworden wäre. Verlaufen, dachten wir uns
einander aus dem Weg, in dem wir uns verfahren.
Lachten über Räder, die sich in die Matsche fraßen
und drehten durch wie tolle Kinder im Garten
wuchs uns Grauen heran, waren wir nicht
selber machten wir das Geschehen, vor einer Flucht ,
die möglich schien und rauchten Schrecken in den Hals.

Du gegen du



Wenn du in frühes Grab marschierst,
hast du Geschäfte schlecht gemacht
im Feuertanz, du blöder Hund im Kampf
zwischen du bist gut und du bist böse.

Du hast dem Schatten den Glanz geraubt,
nun konzentriere dich darauf, zu töten,
was tief in dir verborgen ist will in die Welt
aus Tönen, Bildern, tanze mit dem Wolf.

Tropfe aus den Wolken Tau auf deine Haut
verbrennt sich an sich selbst, lässt keinen Rat
im Zweifel ist Natur im Restgebiet und fliehe du
weiter in die Schlacht mit dir hinaus ist Zeit dafür,
den König zu stürzen vom ewigen Thron
und schiebe dir den Gral in den heiligen Arsch.

zügellos



in die fülle fassen leere hände
krallen aus klauen gefallen
finden einen anderen
nebel unter den schritten
brechen dornen reißen reden
über pflaster häute tiefer
felsen fest geworfen eine welt
rastet ein und aus ins freie
wagend taste schreite weiter
schlage haken taub in wende

Verfahren



Durch die Maschen gestürmt,
über den Rand gesprungen,
die Schüssel bleibt leer.
So wettet keiner mit Verstand,
wieder wortlos gestrandet.
Auf der hohen Kante
verliert sich die Grenze
zwischen gescheit und gescheitert.

Donnerstag, November 20, 2008

Mindestens das Maximum



Mit Spektakel platzen Blasen,
Taler schimmern, schwinden, wandern.
Banker werden blass um Nasen,
Nerven flattern, Pulse rasen,
kurz Gewinne bei den andern.

Steig in ungeahnte Höhn,
vorwärts, Kurs, in neue Welten.
Trotz den Stürmen, quere Böen,
explodier, das wäre schön.
Geld macht Geld macht Geld macht gelten.

Nichts gewinnen statt verlieren,
Defizit sozialverträglich.
Muss man, dieses zu kapieren,
Bullengleich auf Bären stieren?
Das Theater öffnet täglich.