Samstag, Dezember 31, 2011

Letzte weiße Weihnacht




Dieses Jahr sind wir an der Reihe, Gisela und ich, das Jahrestreffen des Sanatoriums Shangri La auszurichten. Wir haben einander damals kennen- und schätzengelernt und sind und bleiben eine eingeschworene Clique, Meinungsverschiedenheiten hin und trotz alledem her.
Frida und Gerd treffen wie immer zu früh ein, hungrig, schwitzend und gefrostet. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen haben sie sich zu einer jeweiligen Geschlechtsumwandlung entschlossen, Gerd ist jetzt Frida und umgekehrt. Ein Gespräch mit ihnen zu führen gestaltet sich einigemaßen schwierig, jeder der beiden hinterfragt sich selbst im anderen. Er (jetzt sie) hat früher Herrenmagazine produziert, sie (nun er) war Domina, da geht vorerst nichts. Wir servieren zur Begrüßung Biotonnentee.
Bei Thea und Emma ist es umgekehrt, sie waren praktizierende Lesben, bis sie sich einen Willi anmodellieren liessen. Seitdem diskutieren sie über den rechten Weg zur Geschlechtergleichheit.
Walther trifft ein, setzt sich mit dem Rücken zu uns in eine Ecke und übt verbissen bulgarische Tonleitern auf dem Akkordeon. Seine Firma zur Herstellung von Blasebälgen zwecks Antriebs von Windrädern ist pleite, nachdem die Subvention ausgelaufen ist. Hertha, die von Diplompäderastin auf Entschleunigerin umschult, einem Beruf mit in weiter Ferne liegender Zukunft, sticht mit meinem Damaszener Ausbeinmesser auf sein Instrument ein und heult, sie schwöre, dass sie dieses Katzengejammer nicht einen Takt länger ertragen könne. Wir servieren Urschlamm Royal.
Plötzlich ein Knall von der Terasse, Thomas vom Vegantenforum hat den Grill gesprengt, auf dem das Röstbiest klimafreundlich vor sich hin kokelte. Er schlägt uns Knochen um die Ohren und schreit aus dem Pamphlet zum Untergang der menschlichen Rasse: Ihr seid keineahnunghaber, ihr seid die pechgehabten. Wir schließen alle eure Lokalitäten und eröffnen Normalitätenrestaurants mit öffentlicher Unterstützung.
Es gibt Lumumba blanc, blutfrei.
Dann schlägt Piet Piep "Matz" auf, wie immer in vollem Ornat. Seine Ische hat er in den Keller geschickt und verlangt, dass die anderen Hennen auch dahin versandt werden, er habe ein paar Forderungen zu stellen: 1. Felder dürften nicht mehr mit Schweinegülle gedüngt werden, 2. Wuslime dürften nicht mehr wegen wuselns verfolgt werden, da wuseln absolut legal sei, 3. müssten Grills ab sofort Grillhauben tragen, damit keine Schweinsatome in die Luft entweichen können und 4. wären Straflager einzurichten für Gedankensünder.
Es gibt Allerbarmersuppe pikant.
Schließlich treffen Sibane vom Institut zur Probabilitätsprüfung gemachter Gedanken aus Langregen und ihr neues Lieblingsopfer ein, die große Katastrophe. Pfisher programmiert Klingeltöne für drahtlose Telefone, Fingernagel auf Schiefertafel, bremsender LKW, Gabel an Porzellan. Seine Firma hat noch leichte Probleme am Markt, aber er spielt uns Proben vor.
Scrabbleragout, jeder muss seine Buchstaben finden.
Kiven von der Initiative "Occupy yourself" entertaint uns dann noch mit seinem Problempenis, dem er eine Frühverrentung und ein lebenslanges Therapiepaket verdankt. Inzwischen schauen alle etwas gelangweilt.
Bevor uns die Gäste verlassen, kredenzen wir die Ersatzhauptspeise "Polyamid an Sonnenlicht mit Vitamin B12".
Schließlich versuchen wir, die Freunde zu überzeugen, unserer "Weil uns reicht es sowieso total"-Partei WURST beizutreten. Rente jetzt für jeden und Unterstützung der Initiative des Finanzamtes: Gebt uns euer ganzes Geld. Was wollt wir mit dem Zeug, wo euch so viel besseres erwartet?
Zum Abschied umarmt sich jede(r) selbst auf das innigste und schwört: Nächstes Jahr im Nirwana.
Auf den Weg ein Gläschen 2011er Pissinthepool.